Mit Vorstand Jürgen Matkovic im Gespräch

Die WMF BKK feiert in diesem Jahr ihr 140-jähriges Bestehen – ein eindrucksvolles Jubiläum, das sowohl auf eine bewegte Geschichte als auch auf eine erfolgreiche Zukunft verweist. In einem exklusiven Interview sprechen wir mit dem Vorstand Jürgen Matkovic über die größten Meilensteine der vergangenen Jahrzehnte, die Herausforderungen eines sich wandelnden Gesundheitssystems und die Visionen für die kommenden Jahre. Erfahren Sie, wie es der Krankenkasse gelungen ist, Tradition und Innovation zu verbinden und was dies für die Versicherten bedeutet.

„Ein Jubiläum, insbesondere wenn man seinen 140. Geburtstag feiern darf, ist immer ein Meilenstein. Es ist Anlass zurückzublicken und zu reflektieren.“

Herr Matkovic, Sie sind Vorstand der WMF BKK, die in diesem Jahr ihr 140-jähriges Jubiläum feiert. Was bedeutet dieses Jubiläum für die Krankenkasse und ihre Mitarbeiter? 

Ein Jubiläum, insbesondere wenn man seinen 140. Geburtstag feiern darf, ist immer ein Meilenstein. Es ist Anlass zurückzublicken und zu reflektieren. Und was wir sehen, z. B. auch aus Protokollen, die bis zur Gründung der WMF BKK zurückgehen, macht uns stolz. Es ist uns gelungen, die Werte, die unser Streben nach optimaler Versorgung unserer Versicherten prägen, auch als moderner Dienstleister im Gesundheitswesen zu erhalten und stetig weiterzuentwickeln.

Welche wichtigen Meilensteine oder besonderen Erfolge in der Geschichte der WMF BKK möchten Sie hervorheben?

Historisch betrachtet ist sicherlich bemerkenswert, dass die WMF BKK nach zwei Weltkriegen, die nicht nur wirtschaftliche Herausforderungen zur Folge hatten, jeweils als BKK wieder aufgebaut wurde und eine stabile Versorgung für die Versicherten angeboten hat. Ein entscheidender, strategischer Schritt war sicherlich die Öffnung der WMF BKK im Jahr 1996 auch für Versicherte, die nicht Mitarbeiter unseres Gründerunternehmens WMF waren bzw. sind. Zu dieser Zeit existierten noch über 1.000 Krankenkassen, heute sind es (nur) noch 95. Wir haben uns in einem intensiven Wettbewerb als WMF BKK mit unserem Versorgungsangebot und unseren Services behauptet. Seit der bundesweiten Öffnung haben wir unseren Versichertenbestand verdreifacht.

Wir waren bei den ersten Krankenkassen, die alle Mitarbeiter mit modernen PCs und individuellen Kommunikations- und Informationsoptionen ausgestattet haben, bis hin zu unseren aktuellen Onlinediensten. Damit ist es für unsere Versicherten bereits seit dem Jahr 2018 – auf Wunsch – auch möglich, rund um die Uhr mit uns zu kommunizieren, z. B. auch rechts- und datensicher Anträge auf Leistungen zu stellen. Wir sind inzwischen über unseren elektronischen Posteingang intern papierlos, so dass mobiles Arbeiten selbstverständlich orts- und zeitunabhängig möglich ist. Und selbstverständlich arbeiten wir weiter intensiv daran, die Prozesse, die wir digitalisieren können, auch ergebnisorientiert umzusetzen.

Was waren die größten Herausforderungen, denen Ihre Krankenkasse in den letzten 140 Jahren gegenüberstand, und wie hat sie diese gemeistert?

Ich persönlich kann etwa 40 Jahre überblicken. Hervorzuheben ist sicher die Dynamik und die immer raschere Änderung bzw. Ergänzung von Gesetzen. Hieraus resultiert, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen immer komplexer werden und deshalb ein höherer Aufwand entsteht. Die Vorstellungen der Politik sind teilweise realitätsfern und das Bemühen, Ausgleichssysteme zwischen den Krankenkassen „gerechter zu gestalten“ stößt in der Umsetzung an seine Grenzen. Dieses Bemühen der politischen Akteure führt inzwischen zu einem Bürokratismus, der dringend abgebaut werden muss. Die digitale Revolution ist für uns zwar nicht risikofrei, sie ist für uns jedoch eine Möglichkeit, uns weiter zu entwickeln und effizient zu bleiben. Wir sehen im Übrigen auch die aktuellen Entwicklungen rund um die künstliche Intelligenz als Chance, sowohl die Angebote im Versorgungsbereich als auch unsere internen Prozesse weiter zu verbessern. 

Dies alles gelingt nur mit einer Mannschaft, die gut ausgebildet ist und eine hohe Eigenmotivation hat. Dies fordern und fördern wir, damit wir auch perspektivisch erfolgreich bleiben. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von der „Arbeitsheimat WMF BKK“. Wir sind sehr stolz auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für die Zufriedenheit unserer Versicherten von hervorgehobener Bedeutung sind. 

„Wir sind sehr stolz auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für die Zufriedenheit unserer Versicherten von hervorgehobener Bedeutung sind.“

Wie geht die WMF BKK mit den aktuellen Herausforderungen des Gesundheitswesens um, wie z. B. der Digitalisierung oder den steigenden Gesundheitskosten?

Es ist unsere DNA, mit neuen Herausforderungen proaktiv umzugehen. Wir wollen gestalten und nicht gestaltet werden. Deshalb sehen wir Herausforderungen, wie die digitale Entwicklung, als Chance. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.

Wir sehen zum Beispiel auch die obligatorische Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) als große Chance. Es kostet aktuell Menschen ihr Leben, weil wir im Notfall nicht wissen, wie ihr Medikationsplan aussieht, welche Vorerkrankungen sie haben und ob sie z. B. Bluter sind. Die Einbindung der Leistungserbringer über die ePA in der Entscheidungshoheit des Versicherten ist für uns ein wichtiger Schritt. Der Austausch von Informationen, die Vermeidung von Zweit- und Mehrfachuntersuchungen, insbesondere in der bildgebenden Diagnostik, beschleunigen Behandlungsvorgänge und vermeiden Kosten.

Über die ePA werden erstmals Gesundheitsdaten anonymisiert erfasst und für die Forschung wissenschaftlichen Einrichtungen überlassen. Je mehr Daten zur Verfügung stehen, desto größer ist der zu erwartende Erkenntnisgewinn, den wir aus der Forschung erwarten dürfen. Insbesondere bei seltener auftretenden Erkrankungen, ist ein echter Mehrwert aus den zukünftigen Erkenntnissen aus der Forschung zu erwarten. Dieser Erkenntnisgewinn steht dann auch uns als Gesellschaft zur Verfügung und nicht nur einem Verkaufsmodell eines Tech-Konzerns.

Problematisch für das gesamte Gesundheitswesen und damit für die gesamte Bevölkerung sind die steigenden Gesundheitsausgaben einer alternden Gesellschaft. Der medizinische Fortschritt, die individualisierte Medizin, neue Arzneimittel für seltene, schwerwiegende Erkrankungen sind für alle ein Segen und helfen, Krankheiten zu heilen oder zumindest die Auswirkungen zu lindern. Sie sind allerdings – und das ist die andere Seite der Medaille – auch sehr teuer. Notwendig ist eine faire Verteilung dieser Kosten zwischen den Generationen und die Förderung der Selbstverantwortung für die eigene Gesundheit. Viele Krankheiten und damit auch die Kosten sind durch gesundheitsbewusstes Verhalten vermeidbar.

„Wir wollen gestalten und nicht gestaltet werden. Deshalb sehen wir Herausforderungen, wie die digitale Entwicklung, als Chance.“

Wie haben sich die Anforderungen und Erwartungen der Versicherten über die Jahrzehnte verändert, und wie passt sich die WMF BKK daran an?

Die Anforderungen der Versicherten haben sich im Zeitablauf, wie könnte es anders sein, deutlich verändert. Noch in den 80er Jahren wurden quartalsweise Krankenscheine für die ärztliche Behandlung an die Versicherten ausgegeben. Die Rolle der Krankenkassen war stark durch Verwaltung und weniger durch Gestaltung geprägt. Spätestens seit 1996, mit der Einführung des Kassenwahlrechts für alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, hat sich dies geändert. Der Serviceaspekt sowie das aktive Mitwirken und Gestalten von Versorgungsprozessen hat sich stetig entwickelt und ein anderes Rollenverständnis der Krankenkassen geprägt.

Wir kommen als WMF BKK aus einem unternehmensnahen Selbstverständnis, das aufgrund der Nähe zu unserem Gründerunternehmen auch davon geprägt war, die Leistungen einem WMF-Kollegen zugänglich zu machen. Insoweit war der Entwicklungsprozess für uns als WMF BKK sicher einfacher als für große Krankenversicherer, die für diesen Prozess einen längeren Zeitraum benötigt haben. 

Gibt es eine besondere Tradition oder einen Wert, der Ihre Krankenkasse seit ihrer Gründung begleitet und auch heute noch eine wichtige Rolle spielt?

Wir sagen, was wir tun, und wir tun, was wir sagen. Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit, Vertrauen in unsere Mitarbeiter und unsere Versicherten sind für uns Werte, die sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft unser Handeln tragen und prägen.

Zum Abschluss: Wenn Sie in die Zukunft blicken, wie sieht Ihre Vision für die WMF BKK in den nächsten Jahren aus?

Die Differenzierungsmerkmale zwischen den Krankenkassen werden häufig auf einige Satzungsmehrleistungen reduziert. Das ist viel zu kurz gehüpft. Entscheidend ist – und dies wird zukünftig viel stärker an Gewicht gewinnen – ob und wie es einer Krankenkasse gelingt, den Versicherten den Zugang zu den 95 % des gesetzlichen Leistungsrahmens zu ermöglichen. Die Verknüpfung von Behandlungspfaden, insbesondere in der Schnittstelle von stationärer zu ambulanter Behandlung, wird ein wichtiges Qualitätsmerkmal in der Bewertung von Krankenkassen sein. 

Wie rasch werden Anträge auf Leistungen von meiner Krankenkasse bewilligt bzw. wie hoch sind die Ablehnungsquoten? In welchem Umfang bzw. mit welchen Quoten werden Prozesse von einer Krankenkasse vor den Sozialgerichten verloren? Das sind beispielhaft qualitative Bewertungsmerkmale, die zukünftig enorm an Bedeutung gewinnen werden. 

Die weiteren produktpolitischen Optionen über Satzungsmehrleistungen runden das Gesamtbild eines Dienstleisters im Gesundheitswesen ab. Sie sind jedoch für die Gesunderhaltung der Versicherten und die Behandlung ihrer Krankheiten weniger entscheidend.

Hierfür sind weitere Fortschritte in der digitalen Entwicklung eines Gesundheitsdienstleisters erforderlich, um Transparenz im Qualitätswettbewerb zu schaffen und sich als Krankenkasse erfolgreich zu positionieren. Wir sind davon überzeugt, dass wir als WMF BKK sowohl die Mittel als auch die Haltung haben, diesen Qualitätswettbewerb erfolgreich zu gestalten.

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